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Bayern: Von der Hochschule bis ins Ministerium – keine Achtung vor der Kreatur

veröffentlicht

München (ots) – Die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns stand lange der anderer
Bundesländer nach. Heute ist Bayern im Landesfinanzausgleich der größte
Nettozahler der Republik. Während das Land ökonomisch floriert, scheint die Jagd
in den Weiten des Landes auf einem vorzivilisatorischen Stand stehen geblieben
zu sein.

Hier herrscht Krieg gegen Wildtiere. Der Tierschutz wird von Naturnutzern –
Jägern, Bauern, Waldbesitzern, Anglern, Teichwirten – in enger Zusammenarbeit
mit Kommunalpolitikern und Landesbehörden systematisch ausgehebelt. So haben in
Bayern Wildkaninchen, Waschbären und Marderhunde nicht einmal die nach dem
Bundesjagdgesetz vorgesehene Schonzeit während der Aufzucht der Jungtiere. Die
Tiere werden ganzjährig legal bejagt, unabhängig davon ob sie Jungtiere
versorgen oder nicht. Letztere verhungern oder erfrieren.

In Bayern spielt es vielfach auch keine Rolle, ob bestehende Jagdgesetze
eingehalten werden oder nicht. Auf die Selbstkontrolle der Jäger durch die Jäger
kann sich Landwirtschaftsministerin Michaela Kaliber (CSU) nicht verlassen: So
wurden und werden in Bayern trotz der Setzzeit der Füchse die für die Aufzucht
erforderlichen Elterntiere im Januar, Februar und März auch in diesem Jahr
streng bejagt und tausendfach getötet. Häufig passiert das im Rahmen sogenannter
Fuchs- oder Raubwildwochen. Die ersten Fuchswelpen kommen in unseren Breiten
bereits im Januar zu Welt. Streng genommen werden zur Aufzucht erforderliche
Fuchsväter schon im Dezember von Jägern eliminiert, denn sobald der Rüde sich –
meist ab Mitte, Ende November – gepaart hat, ist er ein künftiges Elterntier.

Rehen, Hirschen oder Gämsen geht es in Bayern nicht besser. „Wald vor Wild“
heißt die Devise, die seit 2005 im Bayerischen Waldgesetz auf Betreiben von
Waldbesitzern, Förstern und dem Ökologischen Jagdverband festgeschrieben ist.
Auch Bündnis90/Die Grünen werfen dafür alles, wofür sie in Sachen Tierschutz mal
standen, über Bord. Drückjagden, an denen viele Dutzend Jäger und Treiber mit
ihren Hunden teilnehmen, finden in Bayern regelmäßig noch bis in den Hochwinter
hinein statt. Eigentlich die Zeit, in der der Stoffwechsel von Rehen und
Hirschen heruntergefahren ist, um die karge Jahreszeit mit wenig Nahrung zu
überstehen. Die Tiere verbrauchen unnötigerweise Energie, die letztlich durch
das kompensiert wird, was eigentlich vermieden werden sollte: Den Verbiss von
jungen Bäumen.

Waidgerechtigkeit gibt es bei diesen Jagden, die insbesondere durch die
Bayerischen Staatsforsten, aber wohl auch durch andere große Waldbesitzer wie
Thurn und Taxis oder das Fürstenhaus Waldburg-Zeil durchgeführt werden, nicht
einmal auf dem Papier. Da werden – wie diverse Studien und auch Aussagen von
Berufsjägern belegen – Tiere in den Bauch geschossen, ihnen werden mit schweren
Geschossen die Unterkiefer weggeblasen oder sie werden durch außer Kontrolle
geratene Hundemeuten verbissen. Dozenten der Bayerischen Forsthochschule
Weihenstephan im Norden der Landeshauptstadt werden mit tierverachtenden Parolen
wie „Nur ein totes Reh ist ein gutes Reh“ oder „Beim Reh brauchst du nicht
hinschauen, was es ist. Hauptsache du machst den Finger krumm“ zitiert.

Dass Jäger in den Bayerischen Staatsforsten es mit den ungeschriebenen Gesetzen
der Waidgerechtigkeit nicht so eng sehen, ist gemäß der Aussagen von
Berufsjägern und von Beobachtern Fakt. Es ist aber auch so, dass vorsätzlich und
durch die Behörden geduldet nicht nur Schonzeitvergehen bei den Füchsen
hingenommen werden, sondern auch beim Rehwild. So ist es bei Drückjagden nicht
selten der Fall, dass im Dezember oder in Januar auch Rehböcke, die dann unter
die gesetzliche Schonzeit fallen, erlegt werden. Sie sind, dadurch dass sie im
Winter kein Gehörn tragen, von den Ricken nur schwierig zu unterscheiden. Allein
in 2019 bemängelte der Verein Wildes Bayern jagdbezogene Vergehen bei mehr als
zehn Forstbetrieben der Bayerischen Staatsforsten: Es ging um den Abschuss neben
der Winterfütterung, um Hetzjagden, um Drückjagden im März und April oder Jagden
im Schutzgebiet. Ein langjähriger Jäger drückt es so aus: „Staatsforst, Fürst
und so manche Jagdgenossenschaft scheren sich einen Dreck um Rechtsnormen.“

Im ländlichen Raum in Bayern wird gezielt und erfolgreich Stimmung gegen
rückkehrende Arten gemacht. Fischotter, Biber, Kormoran, Wolf und Luchs werden
als Sündenböcke benutzt, um von den eigenen Defiziten sowohl beim Schutz von
Fließgewässern wie der fehlgeleiteten Agrarpolitik abzulenken. Selbst in Natur-
und in Vogelschutzgebieten wie am Chiemsee sollen Ausnahmen für den Abschuss von
Kormoranen und Bibern erlassen worden sein. Vielerorts werden wohl mit Duldung
der Lokalpolitiker auch Biberbauten systematisch zerstört und weggeräumt.
Anzeigen gegen illegales Vorgehen werden nicht oder nur zögerlich verfolgt. Wer
sich traut einzuschreiten wird nicht selten bedroht.

Viele der den Tieren zugeschriebenen Probleme sind menschengemacht und könnten
ohne die aufgezeigten tierquälerischen Maßnahmen gelöst werden. So trägt die
intensive Jagd durch die immensen Störungen des Lebensrhythmus erst dazu bei,
dass das Rehwild überhaupt junge Bäume verbeißt. Man könnte junge Pflanzen auch
preiswert und einfach durch für Rehe unangenehm riechenden Anstrich schützen
oder durch spezielle Manschetten für den Leittrieb der jungen Pflanzen, das
Stück für 13 Cent. In Teilen der Schweiz wird erfolgreich ein Ruhezonenmodell
praktiziert, welches auch in den Wäldern derer von Gemmingen Nachahmer gefunden
hat: auf etwa 25-30 Prozent der Fläche werden großräumige jagdfreie Areale und
unbejagte Äsungsflächen geschaffen. Das sind geeignete Rückzugsgebiete für
Hirsche, Rehe oder Gämse. Ohne den permanenten Jagddruck finden sie dort
regelmäßig Nahrung und werden nicht zu „Waldschädlingen“. Man könnte auch
einfach den Massenabschuss im Rahmen der unsäglichen Drückjagden unterlassen.
Diese Jagdform war in den letzten 30 Jahren weder im Hinblick auf den Wald noch
hinsichtlich der Bestandsregulierung der Tiere effizient. Warum sollte sich das
in Zukunft ändern?

Wer Fischteiche systematisch von der natürlichen Randvegetation „säubert“ und in
diesen Badewannen eine unnatürlich hohe Fischdichte erzeugt, muss sich nicht
wundern, wenn der natürliche Fischfresser auf die Massentierhaltung reagiert.
Auch der Abschuss von Füchsen oder Waschbären ist völlig sinnlos. Denn die Jagd
ist gar nicht in der Lage, den Bestand dieser Tiere zu regulieren. Die
Entwicklung der Zahl der Waschbären lässt sich durch die Jagd nicht einmal
verzögern. Das einzige was durch die Jagd auf Beutegreifer erreicht wird, ist –
neben der Genugtuung ihrer Häscher – die Zerstörung der Sozialgefüge der
Wildtiere und die Senkung ihres Durchschnittsalters. Ein Fuchs wird in
Deutschland im Durchschnitt nicht einmal zwei Jahre alt.

Pressekontakt:

Lovis Kauertz | Wildtierschutz Deutschland e.V.
T. 0177 72 300 86 | lk@wildtierschutz-deutschland.de
www.wildtierschutz-deutschland.de
www.facebook.com/wildtierschutz
Mitbegründer des www.aktionsbuendnis-fuchs.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/133267/4540906
OTS: Wildtierschutz Deutschland e.V.

Original-Content von: Wildtierschutz Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell

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